Caritatives

 

Hier geht es um diesen ganz wichtigen Mann in meinem Leben und um einen wichtigen Teil meines Projekts.

 

Unsere Geschichte:

 

Als wir 2016 nach Spanien auswanderten, kamen wir nach 3 Tagen anstrengender Fahrt mit 2 Bussen im Dorf an (ich hatte noch einen Fahrer engagiert, der den Mietbus steuerte). Wir stellen uns erst mal auf den langen Parkstreifen an der Hauptstraße, stiegen aus und orientierten uns. 

Dann zog ich mein Handy heraus, um dem Vermieter Bescheid zu geben, dass wir angekommen sind. Er wollte uns dann abholen und zur Finca geleiten. 

Ich stand also da, nahm mein Handy und suchte nach der Telefonnummer.

Da zupft doch jemand an meinem T-Shirt und ich drehte mich leicht erschrocken um. Und da stand ER hinter mir. 
Ich war verdutzt, weil es völlig unvorbereitet auf mich zukam. Aber da ich durch meinen ehemaligen Beruf keinerlei Berührungsängste mit Behinderten habe, sagte ich erst mal freudig "Hola".

Und er legte sofort in seiner kindlichen Art los. Er zeigte mit seinem Arm in den Himmel und sagte mit zitternder Stimme zu mir: "Meine Mama ist da oben und ich vermisse sie so sehr". Ich bekam Gänsehaut und schluckte. 

Mein spanisch war zu dieser Zeit zwar nicht besonders gut, aber dies konnte ich in etwa verstehen.

Er kramte dann in seinen Taschen und suchte ziemlich lange etwas. Ich war nicht etwa ungehalten, sondern wartete geduldig und mit Spannung, was er mir wohl zeigen wollte.

 

Dann fand er endlich, was er suchte und man merkte ihm deutlich die Freude an. Er zog einen Zettel heraus und faltete ihn behutsam auseinander. Er behandelte diesen Zettel mit größter Sorgfalt, dieser war ihm sehr viel wert, dies merkte ich.

Er zeigte mir dann, was auf diesem Zettel war. In kindlicher Manier hatte er dort etwas mit einfachen Strichen gemalt. Es war darauf ein Haus zu sehen, 2 Personen und irgendein Tier. Und dann sagte er: "Das bin ich, das ist meine Mama und das ist unser Haus und das ist unser Hund". Er zeigte wieder zum Himmel, dass seine Mama tot ist. Uff, ich schluckte und ich konnte 
mir vorstellen, wie er sich fühlte.

 

Aber dann kam der Moment, den ich niemals in meinem ganzen Leben vergessen werde: Er zeigte auf den Zettel, auf seine Mama und fragte mich: "Willst Du meine Mama sein?" Boah, mir schossen auf Knopfdruck die Traenen ueber meine Wangen!!! Das müßt ihr Euch vorstellen: Ich stehe da mitten auf der Straße in einem fremden Land und flenne wie ein Wasserfall.

 

Er breitete seine Arme aus und ich... beugte mich zu ihm herunter und wir haben uns echt laaaange umarmt. Als ich irgendwann die Umarmung wieder löste - er wollte gar nicht loslassen - da sah ich in seinen Augen die größte Freude, die man nur erleben kann. Und was er nicht wusste: Ich hab mich wohl mindestens genauso sehr gefreut wie er. Dieser Moment hat etwas in mir verändert, ich kann gar nicht in Worte fassen, was.

 

Leider musste ich mich dann ziemlich abrupt von ihm verabschieden, weil ich ja zur Finca fahren musste. Er wollte sich gar nicht trennen und schaute mir traurig nach. Boah, das war ein echt beschissenes Gefühl. Ich weiß gar nicht, wie oft ich ihm beim Rübergehen und von der anderen Straßenseite aus noch zugewunken habe.

Später dann, habe ich ihn immer wieder gesehen und dann erfahren, dass er im Wohnheim für mittellose Männer wohnt, welches zum Kloster gehört. Ich kenne ihn mittlerweile seit April 2016 und unser Kontakt blieb bestehen. Wir sehen uns ständig im Park, auf dem Weg dort hin oder am Heim, an dem ich eh täglich vorbei muss. Und dann freut er sich tierisch, wenn ich einen Hund dabei habe. 

Mittlerweile kenne ich auch viele andere Männer aus diesem Wohnheim, weil sie ja alle Ausgang haben und überall im Dorf anzutreffen sind. Sie freuen sich alle, wenn sie mich mit einem unserer Hunde sehen und dann muss ich unbedingt stehenbleiben, denn sie wollen alle ganz lang einen Hund knuddeln.

Viele dieser Männer sind wohl in ihrer Vergangenheit auf Fincas aufgewachsen mit einer Menge Tieren. Und heute? Da haben sie alle ein spartanisches Zimmer im Heim, wohl wenig persönliche Dinge und Kontakt zu Tieren haben sie gar nicht mehr. Ebenso haben sie meist keine Verwandten oder Freunde. Sie sind nur unter sich und in ihrem Leben passiert so ziemlich nichts, zumindest selten etwas Besonderes.

 

Ja und diese eine Begegnung hatte mir eigentlich erst den Anstoss fuer mein Projekt gegeben. Aber leider sind dann die folgenden Jahre ja anders gelaufen, als ich dachte... 

 

Ich möchte Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, eine Freude machen! Schon von Kindheit an habe ich meine schützende Hand vor Menschen gehalten, die anders waren, die Hilfe brauchten, die ausgegrenzt wurden und habe meine eigene Ausgrenzung inkauf genommen. 

 

Und eine Freude kann ich ihnen auf vielfache Art und Weise machen wie z. B. mit meinen Tieren. Ich möchte solche Wohnheime aber auch Kinderheime regelmäßig mit unseren Tieren besuchen, mal Hunde, mal - wenn es mir möglich ist - mit Pferden, Eseln, Ziegen… und ihnen unvergessliche Momente erschaffen.

 

 

 

Wer Tieren helfen will, sollte den Menschen helfen. Sind die Menschen glücklich, so auch die Tiere.